Neuer HSC-Sportdirektor Benjamin Hartlieb im Interview: Ambitionierten Ziele für Holzwickede und Verein




Fußball: „Kohle oder Herz“ heißt es oft im Amateurfußball. Benjamin Hartlieb folgte seinem Herz und eben nicht dem schnöden Mammon, als er zum 1. Dezember 2021 seinen neuen Job als Sportdirektor beim Holzwickeder Sport Club (HSC) antrat. sku sprach mit dem 42-Jährigen, der im übrigen ein echter Holzwickeder Junge ist und dem neben Fußball auch die Emscherquellgemeinde mit allen Facetten eine echte Herzensangelegenheit ist.

sku: „Ich bin wieder hier, in meinem Revier…“: Der Song von Westernhagen gilt auch für Dich, oder?
Benjamin Hartlieb:
HoWi ist meine Heimatgemeinde. Hier bin ich geboren. Hier steht mein Elternhaus. Hier habe ich Fußball gespielt. Das ist Heimat, Familie, Wurzel und Erinnerung für mich, was gerade in der heutigen Zeit mit so vielen Unsicherheiten und Problemen enorm wichtig ist. Ich wohne mittlerweile in Dortmund und fühle mich dort heimisch und wohl. Die Nähe zum Arbeitsplatz war 2016 der Grund für meine Frau und mich Holzwickede zu verlassen. Aber jedes Mal, wenn ich von der B1 auf die Nordstraße abbiege, freue ich mich wieder im gewohnten Territorium zu sein. Als ich dann von Udo Speer, dem Vorsitzenden des HSC, vor über einem Jahr das erste Mal gefragt wurde, ob ich nicht Verantwortung als Sportdirektor übernehmen wolle, hat es angefangen in mir zu brodeln und am Ende wollte ich die Herausforderung unbedingt annehmen.

sku: Beim Königsborner SV, Deiner letzten Station im Sport, hast Du ja auch ein besonderes Projekt mit angestoßen…
Benjamin Hartlieb: Ja, im Herbst 2018 habe ich mich mit Daniel Krahn und einem engagierten Team zusammengesetzt und Konzepte und Strategien erarbeitet, wie man den KSV wieder zu einem Aushängeschild, sportlich wie sozial-gesellschaftlich, für Unna gestalten kann. Von Mai 2019 bis Oktober 2021 konnte ich als Sportdirektor in Zusammenarbeit mit dem großartigen Vorstandsteam viel Positives bewirken. Im Übrigen stehe ich dem KSV gerne mit Rat und Tat weiter zur Verfügung – nur eben nicht mehr als Sportdirektor.

sku: „Glaube nicht dem, der von weither kommt, sondern dem, der von dort zurückkehrt“, sagt ein spanisches Sprichwort – und das passt exakt auf Deine Situation…
Benjamin Hartlieb: Wenn Du das so sagst (lacht). Aber ganz ernsthaft: Ich habe über die letzten Jahre aufmerksam verfolgt, wie sich der HSC nach der Fusion entwickelt hat. Und da lässt sich festhalten, dass in Holzwickede etwas Großartiges entsteht. Es wächst zusammen, was zusammengehört und die Vereinsführung macht einen top Job! Diese positiven Entwicklungen habe ich immer verfolgt, eingeordnet und mich gefragt: Was kann ich tun, damit meine Heimatgemeinde durch und mit dem HSC wachsen kann. Als sich dann der HSC, zu dem der Kontakt nie abgerissen war, bei mir meldete und fragte, ob ich mir eine Tätigkeit im Bereich der Sportlichen Leitung vorstellen könnte, habe ich auf mein Herz gehört und dann letztendlich „Ja“ gesagt.

sku: Gab es keine Minute des Nachdenkens aufgrund der doch sehr durchwachsenen Saisonphase von August bis Dezember mit Platz 17 am Ende, nur einem einzigen Punktgewinn im heimischen Montanhydraulik-Stadion, dazu der mit schlechtesten Abwehr und Offensive?
Benjamin Hartlieb: Das hat doch seine Gründe. Ich will da jetzt nicht mehr näher darauf eingehen, aber man darf nicht vergessen, dass das gesamte Trainerteam, aus was für Gründen auch immer, den HSC verlassen hatte. Dazu kam Corona und damit die massiven Einschränkungen beim Scouting oder der Möglichkeit, Spieler zum Probetraining einzuladen. Somit konnten keine Testspieler wie gewohnt auf Herz und Nieren geprüft werden. Deshalb betone ich es immer wieder: Unter diesen Voraussetzungen haben Marc Woller und die Sportliche Leitung mit Tim Harbott und Karl-Friedrich Lösbrock einen großartigen Job gemacht. Der zusammengestellte Kader hat absolute Oberligareife. Und nochmal zu Marc Woller: Er ist ein hoch engagierter und akribisch arbeitender Trainer. Wir alle beim HSC stehen weiterhin zu ihm.

Doch auch die „Zweite“ reißt aktuell keine Bäume aus…
Benjamin Hartlieb: Auch hier gibt es Gründe. Es ist die jüngste Mannschaft in der Bezirksliga 8. Bei der Entwicklung der jungen Spieler ist völlig klar, dass es immer wieder individuelle und nicht selten spielentscheidende Fehler in einem Match geben kann. Manchmal liegen die Nerven der 19- bis 21-jährigen blank, das darf man nicht vergessen. Somit passieren gravierende Fehler, die nur schwer erklärbar sind, aber nun mal wichtiger Bestandteil einer Weiterentwicklung von jungen Spielern sind. Schließlich lernt man meist aus Fehlern. Wir möchten Spieler ausbilden und entwickeln. Insofern gehören solche Phasen einfach dazu. Unser Trainer Claas Hoffmann ist da der richtige Mann für, was er ja auch als Ex-Trainer der U19 des SC Aplerbeck gezeigt hatte. Doch auch unser vorheriger Trainer Marcel Greig war sehr engagiert als Trainer – und hat sich auch immer als Spielertrainer sogar auf dem Feld eingebracht.

Also eine Winterpause, die alles andere als ruhig ist?
Benjamin Hartlieb: Exakt. Wir analysieren im Team die bisherige Spielzeit und werden hoffentlich die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Das machen wir in aller gebotenen Sachlichkeit und selbstverständlich intern. Wintertransfers hat es gegeben, allerdings nicht ohne Sinn und Verstand. Aber noch mal: Unsere Erste und Zweite haben das Format, die Oberliga beziehungsweise die Bezirksliga zu halten. Zugegeben: Bei der Zweiten mit zehn Punkten Rückstand auf den ersten Nichtabstiegsplatz wird das ambitioniert. Aber auch hier sind wir dran und allen voran Tim Harbott kümmert sich hoch engagiert und mit viel Akribie darum, dass die Aufholjagd im zweiten Saisonabschnitt gelingen wird.

Also wie lauten die Ziele für den Rest der Saison?
Benjamin Hartlieb: Ganz klar: Die Ober- und Bezirksliga sollen gehalten und die A-Junioren in die Landesliga aufsteigen. Das sind die Ziele. Gerade bei den A-Junioren machen die Trainer Silvio Santoro und Lars Rohwer eine exzellente Arbeit. Das gilt für den gesamten Juniorenbereich wo ich an dieser Stelle stellvertretend für alle Gerd Wettklo und Thomas Ostermann namentlich nennen möchte.

„Der Nikolaus war noch nie der Osterhase“ – Wie sieht es mit Deinen Hoffnungen für 2022 aus?
Benjamin Hartlieb: Uli Hoeneß sagte bereits 2006 einen Satz, den ich gerne zitieren möchte. „Der Nikolaus war noch nie der Osterhase“. Also: Ich glaube an die Teams, abgerechnet wird zum Schluss.

Bildzeile: Gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Holzwickeder SC, Udo Speer (rechts), will Benjamin Hartlieb sowohl sportlich als auch sozio-kulturell in der Emscherquellgemeinde Holzwickede einiges bewirken.

Mal abseits des Sports, was sind Deine Ziele, um auch Holzwickede als soziale Gemeinde nach vorne zu bringen?
Benjamin Hartlieb: Wieder aktivieren und beleben möchte ich die Zusammenarbeit mit Schulen, Kitas und Einrichtungen, wo sich die Jugend trifft. Innerhalb des HSC möchte ich mithelfen, die gesamten Vereinsstrukturen weiter voranzubringen.
Sehr positiv sehe ich auch das geplante Sportforum an der Montanhydraulikstraße. Auch wenn es einige Vorbehalte gibt: Am Ende kommt dieses Sportforum doch vielen Holzwickedern zugute. Es wertet das Angebot der Gemeinde doch enorm auf. Vielleicht entstehen neue Arbeitsplätze. Und auch, wenn es Geld kostet: Es ist eine Investition für das Gemeinwohl. Ich nenne an dieser Stelle gerne das Beispiel von Eintracht Dortmund. Wer sich die Anlage zwischen Westfalenstadion und Westfalenpark ansieht, wird staunen. Das ist mittlerweile ein hochmoderner Sportkomplex, der für viele Menschen in Dortmund eine wichtige Anlaufstelle auf unterschiedlichsten sportlichen und gesundheitspräventiven Ebenen ist. Dr. Alexander Kiel und sein Vorstandsteam sind mutige Visionäre und kompetente Gestalter. Solche Projekte können als Vorbild dienen.
Also: Wer die Gemeinde entwickeln will und damit auch den HSC, muss mutig und weitsichtig sein und sich durchaus auch mal trauen gegen den Strom schwimmen.

sku: Die Neuen und Abgänge des HSC
Benjamin Hartlieb: Der HSC hat im Wintertransferfenster so richtig zugegriffen. Neben Adrian Cieslak kamen Andreas Spais (RSV Meinerzhagen), Pjer Radojcic (TuS Bövinghausen), Matthias Göke (Lüner SV) Seongsun You (FC Blau-Gelb Überruhr), Patrick Fischer (BV Lünen) und Connor McLeod (Australien). Adriano Ciallella wurde offiziell weiterer Co-Trainer beim HSC. Verlassen haben den Verein Tim Breuer (Hammer SpVg), Dario Biancardi (Türkspor Dortmund), Jonathan Kyeremateng (Ziel unbekannt), André Schneider (SpVg Beckum) und Dario Markovski (Westfalia Wickede).

sku: Danke für das Gespräch.

Bildzeile: Seit dem 1. Dezember 2021 ist Benjamin Hartlieb neuer Sportdirektor des Holzwickeder SC.